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gestellt. Es vergingen nur wenige Augenblicke, ehe unten im
Haus wieder die Tür fiel, und dann erschien die Gestalt Tem-
sers unter ihm auf dem Hof.
Er war nicht allein. Vier oder fünf Männer des Gesindes
folgten ihm dichtauf, und von der anderen Seite des Hofes
her näherten sich zwei weitere Knechte, die ein halbes Dut-
zend bereits gesattelter Pferde an den Zügeln hinter sich her-
führten. Während die Männer aufsaßen, machte Temser
noch einmal kehrt, ging zu dem angeketteten Hund zurück
und band ihn los. Das Tier sprang mit einem aufgeregten
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Bellen an seinem Herrn hoch, und Temser streichelte hastig
seinen Kopf, um es zur Ruhe zu bringen. Dann blickte er zu
dem Fenster hinauf, hinter dem er Tobias schlafend wähnte.
Tobias preßte sich neben dem Fenster gegen die Wand und
hielt instinktiv den Atem an. Er wußte, daß Temser ihn
nicht sehen konnte, und trotzdem hatte er das verrückte
Gefühl, die Blicke des Bauern wie eine körperliche Berüh-
rung zu spüren. Sein Herz begann zu hämmern, und sein
Atem ging schneller.
Er wartete, bis er ganz sicher war, daß Temser nicht mehr
zu ihm hochblickte, ehe er es wagte, wieder aus dem Fenster
zu sehen. Mit Ausnahme des Bauern selbst waren mittler-
weile alle Männer aufgesessen. Temser schien Mühe zu
haben, auf den Rücken seines Pferdes zu steigen. Seine
Bewegungen waren unsicher. Er griff mehrmals daneben, als
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er nach dem Zügel langte, und sich in den Sattel zu ziehen
schien ihn jedes bißchen Kraft zu kosten. Tobias erinnerte
sich gut daran, wie schwer es ihm selbst gefallen war, die
Wirkung des Schlafpulvers zu überwinden und auch nur
einen einzigen Schritt zu machen. Nach dem Elan, den Tem-
ser während des Tages mehr als einmal demonstriert hatte,
war seine jetzige Ungeschicklichkeit der letzte Beweis: Er litt
unter den Nachwirkungen des gleichen Pulvers, das auch
Theowulf ihm in den Becher getan hatte.
Tobias vergeudete eine weitere, kostbare Minute damit,
zornig zu sein, ehe ihm klar wurde, daß die Reiter in den
nächsten Augenblicken den Hof verlassen und davonreiten
würden. Er hatte nicht mehr viel Zeit.
Rasch ging er zur Tür, öffnete sie, so leise er konnte, und
lauschte einen Moment lang mit geschlossenen Augen in den
Flur hinaus. Nichts. Das Haus war vollkommen still. Offen-
sichtlich schliefen alle, die den Bauern nicht auf seinem
nächtlichen Ritt begleiteten.
Trotzdem schlich Tobias auf Zehenspitzen aus dem Zim-
mer und die Treppe hinab, und als er auf eine Stufe trat, die
unter seinem Gewicht hörbar knarrte, da blieb er einen
Moment mit klopfendem Herzen stehen und lauschte
gebannt. Aber er hörte auch jetzt keinen Laut. So schnell er
konnte, ohne dabei ein verräterisches Geräusch zu verursa-
chen, ging er zur Tür, spähte hinaus und stellte mit einer
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Mischung aus Enttäuschung und Erleichterung fest, daß
Temser und das halbe Dutzend Knechte den Hof verlassen
hatten.
Er zögerte nur noch einen Moment. Dann trat er ent-
schlossen aus dem Haus und blickte in die Richtung, in der
die Männer verschwunden waren. Er glaubte, sie noch als
Schatten in einiger Entfernung wahrzunehmen.
Eine Verfolgung zu Fuß hätte wenig Sinn gehabt. Aber er
wußte ja, wo er Pferde finden konnte. Das Glück war auf
seiner Seite. Die Stalltür war offen. Zwei Tiere standen auf-
gezäumt in ihren Verschlagen. Er führte das erste heraus und
kletterte ungeschickt auf seinen Rücken, dann sah er sich
noch einmal sichernd nach allen Seiten um und ritt davon.
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Die Nacht war sehr dunkel. Seine Hoffnung, eine Spur zu
finden, der er folgen konnte, zerschlug sich schon nach
wenigen Augenblicken. Es hatte seit Wochen nicht geregnet,
so daß der Boden hart und ausgetrocknet war und keine
Fährte aufwies, die er erkennen konnte. Obwohl er nicht
wußte, wie sehr Temser und seine Knechte ihm enteilt
waren, wagte er es nicht, das Pferd zu einer schnelleren
Gangart als einem leichten Trab anzutreiben. Zum einen war
er kein geübter Reiter, zum anderen hätte ein Galopp einen
Lärm verursacht, der in der Stille der nahezu mondlosen
Nacht meilenweit zu hören gewesen wäre.
So schickte er ein Stoßgebet zum Himmel, daß der Herr
ihn auf die richtige Spur lenken mochte, und überließ es
dem Pferd, seinen Weg zu finden.
Es wurde immer dunkler. Der Himmel bezog sich mit
schweren, bauchigen Wolken. Die Luft roch nach Regen,
und einmal glaubte er, ein fernes Grollen zu hören.
Obwohl die Wolkendecke fast jedes bißchen Licht ver-
schluckte, glaubte er, sich wieder zurück in Richtung
Buchenfeld zu bewegen. Er hatte immer noch nicht die leise-
ste Ahnung, warum, aber er war sicher, daß Temser ihn aus
der Stadt weggelockt hatte.
Plötzlich stieg wieder die Angst in ihm auf. Tobias ahnte,
daß alles, was er bisher erlebt hatte, nur Teil eines großen,
düsteren Geheimnisses war, in das er immer tiefer eindrang,
ohne es indes zu erkennen. Aber was, dachte er entsetzt,
wenn sie wirklich unterwegs zurück nach Buchenfeld waren,
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nach Buchenfeld - und zu ihr?
Die Furcht um Katrin ließ ihn die Angst um sein eigenes
Leben vergessen. Er ritt schneller, galoppierte schließlich so
rasch dahin, wie er es wagen konnte, und näherte sich bald
der Stadt. Er hatte Buchenfeld bisher nie anders als still und
vom Leben verlassen gesehen, aber nun war zumindest ein
Teil der Stadt hell erleuchtet. Über den unregelmäßigen Erd-
wall drang das flackernde, rotgelbe Licht einer großen
Anzahl brennender Fackeln, und mit dem Wind wehte ein
Chor dumpfer Stimmen heran. Es war kein Gesang, wie er
im allerersten Moment glaubte, sondern nur ein Summen.
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Keine Worte, nur Laute. Was um alles in der Welt ging in
dieser Stadt vor?
Obwohl Neugier und Furcht mittlerweile fast übermäch-
tig geworden waren, ließ Tobias das Pferd wieder in eine
langsamere Gangart zurückfallen. Und seine Vorsicht erwies
sich als begründet. Nach nur wenigen Minuten machte er ein
paar verschwommene Schatten vor sich in der Dunkelheit
aus. In das unheimliche Summen der Menschenmenge
mischte sich das Geräusch hämmernder Pferdehufe. Er hörte
das Kläffen eines Hundes und eine scharfe Stimme, die ihn [ Pobierz caÅ‚ość w formacie PDF ]

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