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zuwarfen. Was um alles in der Welt ging hier vor?
Über eine Treppe, einen kurzen, finsteren Gang und eine
zweite Treppe wurden sie aus dem Haus und auf einen kleinen
Innenhof geführt. Das helle Sonnenlicht tat Kevins Augen weh,
aber die frische Luft linderte auch den Schmerz, so daß er ein
paarmal tief und bewußt durchatmete, bis das Kreischen und
Dröhnen in seinem Kopf zu einem zwar noch immer quälenden,
aber erträglichen Hämmern herabsank.
Zu erraten, wo sie waren, erforderte nicht viel Phantasie.
»Robin hätte auf mich hören und mich mitnehmen sollen«,
sagte er gepreßt, »dann wäre uns einiges erspart geblieben. «
Arnulf warf ihm einen schrägen Blick zu, sagte aber nichts,
und nur einen Moment später hatten sie den Hof bereits
überquert und das gegenüberliegende Gebäude betreten. Durch
ein wahres Labyrinth von Gängen und schmalen, von Fackeln
erleuchteten Treppenschächten gingen sie ins zweite Stockwerk
hinauf und betraten schließlich einen sehr viel breiteren Gang,
auf dessen linker Seite es eine Reihe hoher, spitz zulaufender
Fenster gab, so daß auch hier helles Tageslicht herrschte. Am
Ende des Ganges befand sich eine zweiflügelige Tür aus
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schwerem Holz, deren bloßer Anblick Kevin mit neuerlichem
Unbehagen erfüllte. Er hatte das sichere Gefühl, daß der
wirkliche Schrecken noch gar nicht begonnen hatte, sondern
hinter jener Tür auf Arnulf und ihn warten mochte. Und er sollte
Recht behalten.
Sie wurden in einen hohen, an einen Thronsaal erinnernden
Raum geführt, der jedoch einem ganz anderen Zweck diente.
Auf einer steinernen Empore vor der rückwärtigen Wand stand
ein geschnitzter Thronsessel, der selbst für einen Riesen
reichlich bemessen gewesen wäre, den eher kleinwüchsigen
Mann jedoch, der darauf saß, wie einen Zwerg erscheinen ließ.
Aber an dem Sheriff von Nottingham wirkte absolut nichts
komisch und lächerlich. Kevin erkannte sofort, um wen es sich
handelte. Auf eine völlig andere Weise wirkte dieser Sheriff
ebenso gefährlich und verschlagen wie Hasan, der maurische
Zauberer.
Der Sheriff von Nottingham war ein kleiner, untersetzter
Mann mit schwarzem Haar und einem runden Gesicht, das zu
einem Krämer oder fliegenden Händler gepaßt hätte, wäre der
Ausdruck darin nicht so verschlagen und boshaft gewesen.
Seine Augen standen dicht beieinander und lagen unter
buschigen Brauen, und er hatte kurze, dicke Finger, auf denen
zahlreiche goldene Ringe blinkten. Wie auch sein Neffe Guy
von Gisbourne war er ganz in Schwarz gehüllt, trug jedoch
nicht die Kleider eines Kriegers, sondern bequeme Hosen und
einen schweren wollenen Mantel, der von einer goldenen Fibel
in Form eines kleinen Schwertes zusammengehalten wurde.
Eine geraume Zeit saß er einfach da und gestattete Kevin so,
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ihn eingehend zu mustern, während er selbst die Gelegenheit
nutzte, sein Gegenüber genauso aufmerksam zu betrachten.
Schließlich wandte er den Kopf und sah Arnulf an, aber lange
nicht so eingehend und aufmerksam wie Kevin. »Du bist also
der Junge, vom dem sie mir erzählt haben«, sagte er schließlich.
Kevin nickte nur, aber er fragte sich, was man Gisbourne über
ihn erzählt hatte. »Wo ist mein Bruder?« fragte er. »Ich
verlange, sofort zu Robin gebracht zu werden!«
Gisbournes linke Augenbraue rutschte ein Stück nach oben.
»Du verlangst es?« sagte er. Dann erschien ein dünnes Lächeln
auf seinen Lippen. »Es scheint zu stimmen, was Ihr mir über
diesen Jungen erzählt habt, mein Freund«, sagte er. »Angst hat
er jedenfalls nicht. «
Die Worte galten jemanden, der hinter Kevin und Arnulf
stand. Kevin wandte den Kopf und sah erst jetzt, daß außer
ihnen, ihren Bewachern und dem Sheriff von Nottingham noch
eine ganze Anzahl weiterer Männer im Raum anwesend waren.
Nur hatten sie in einem Winkel hinter der Tür gestanden, so daß
er sie beim Eintreten nicht sofort bemerkt hatte.
Er war nicht besonders überrascht, Gisbournes Neffen Guy zu
erblicken, aber er fuhr erschrocken zusammen, als er neben ihm
auch die hochgewachsene Gestalt in Schwarz bemerkte. Wie
immer konnte er von Hasans Gesicht nur die Augen erkennen,
alles andere war hinter einem schwarzen Tuch verborgen. Doch
in diesen Augen stand noch immer der gleiche Ausdruck von
bösem Triumph geschrieben, den er auch vorhin auf dem
Marktplatz in ihnen gelesen hatte. Er verstand ihn jetzt so wenig
wie da, aber er hatte wieder und stärker das Gefühl, einen
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Fehler gemacht zu haben. Er wußte nur immer noch nicht,
welchen.
»Was bedeutet das?« fragte er. »Wieso habt Ihr uns überfallen
lassen?«
»Überfallen?« Gisbourne legte den Kopf schräg und sah ihn
forschend an.
»Wie nennt Ihr es sonst?« wollte Kevin wissen. Er hob die
gefesselten Hände an den Kopf. »Eure Männer haben mir fast
den Schädel eingeschlagen, und Arnulf hätten sie totgeprügelt,
wenn... «
»... du nicht deine Zauberkräfte eingesetzt hättest, um ihn zu
retten?« unterbrach ihn der Sheriff von Nottingham.
Kevin starrte ihn mit offenem Mund an. »Meine... was!«
»Warum sprichst du überhaupt mit ihm, Onkel?« mischte sich
Guy ein. »Er wird alles leugnen oder seine Zauberkräfte
nutzen, dich auch noch zu verhexen, wie er es ganz
offensichtlich mit Robin von Locksley getan hat. «
Kevin stand wie vom Donner gerührt da. Er hörte genau, was
Guy von Gisbourne sagte, aber er weigerte sich einfach, es zu
verstehen. Zauberkräfte? Er? Das war... einfach lächerlich!
Er setzte dazu an, etwas zu sagen, doch der Sheriff brachte ihn
mit einer befehlenden Geste zum Schweigen und wandte sich
wieder an die Männer hinter ihm: »Wir haben schon genug Zeit
verloren«, sagte er. »Führt Robin von Locksley herein, damit
wir beginnen können. «
Zwei der Bewaffneten gingen hinaus, um Gisbournes Befehl
auszuführen. Kevin war noch immer völlig verwirrt. Er verstand
weniger denn je, was hier vorging. Geschweige denn, was all
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das Gerede von Zauberei und Hexenkräften sollte. Arnulfs
Gesicht jedoch hatte sich weiter verdüstert, und der Ausdruck
darauf machte Kevin klar, daß der Nordmann sehr wohl begriff,
was hier vorging.
Es vergingen nur wenige Augenblicke, bis zwei Bewaffnete
Robin hereinführten. Zu seiner Erleichterung registrierte Kevin,
daß sein Bruder unverletzt war, aber er sah ebenso verstört aus
wie er, und auf seinem Gesicht erschien eine Mischung aus
Zorn und Erschrecken, als er Kevin erblickte. »Was... ?« begann
er, wurde aber sofort vom Sheriff unterbrochen:
»Schweigt, Robin von Locksley! Wir haben Eure Lügen und
Unverschämtheiten lange genug angehört!«
Robin schwieg tatsächlich. Verwirrt blickte er abwechselnd
Kevin, Arnulf und den Sheriff von Nottingham an.
»Robin von Locksley«, begann der Sheriff mit veränderter,
offiziell klingender Stimme. »Ihr wißt, warum wir Euch haben
rufen lassen?«
Robin schnaubte. »Wenn Ihr diese Farce unbedingt
weiterspielen wollt, Gisbourne bitte. Ich verantworte mich
gern dafür, Euren mißratenen Neffen und seinen Begleiter von
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